Sprecherin:

Ein junger Autor, 32 Jahre alt, behauptet im Vorwort seines philosophischen Buches:

 

Zitator:

Ich bin der Meinung, die Probleme im Wesentlichen endgültig gelöst zu haben. - Dagegen erscheint mir die Wahrheit der hier mitgeteilten Gedanken unantastbar und definitiv.

 

Sprecher:

 Man muss sich die Ungeheuerlichkeit dieser Behauptungen vor Augen führen. Nach zweieinhalb Jahrtausenden Geschichte der Philosophie über die immer gleichen Grundfragen nach dem Sein, der Wahrheit und dem Wesen des Guten kommt ein bis dahin völlig unbekannter junger Philosoph daher und erhebt für sich den Anspruch, all diese Probleme auf einen Schlag gelöst zu haben.

 

Sprecherin:

Bei dem anmaßenden jungen Mann handelt es sich um Ludwig Wittgenstein, bei dem Buch um seine 1921 erschienene Schrift Tractatus logico-philosophicus.

Der Tractatus ist eines der außergewöhnlichsten Bücher der philosophischen Weltliteratur. Es beginnt mit dem lapidaren Satz:

‚Die Welt ist alles, was der Fall ist.’

 

Sprecher:

In diesem Stil folgen weitere thesenartige Bemerkungen, knapp und trocken, ohne breite argumentative Darlegung. Stattdessen gliedert Wittgenstein das Werk mit Hilfe eines dezimalen Nummerierungssystems 1, 1.1, 1.11, 1.12 in eine  Folge von Sätzen und Untersätzen. Behandelt werden Themen der formalen Logik, der Struktur der Sprache und der Welt, ferner Grundlagen­fragen der Mathematik und der Naturwissenschaften. Schließlich finden sich Bemerkungen zu Existenz und Tod, zum Mystischen, die das Werk mit dem berühmten Wort enden lassen:

„Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“

 Die revolutionäre Stoßrichtung des Buches hat Wittgenstein selbst so umschrieben:

 

Zitator:

Das Buch behandelt die philosophischen Probleme und zeigt – wie ich glaube – dass die Fragestellung dieser Probleme auf dem Missverständnis der Logik unserer Sprache beruht. Man könnte den ganzen Sinn des Buches etwa in die Worte fassen: Was sich überhaupt sagen lässt, lässt sich klar sagen; und wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen.

Das Buch will also dem Denken eine Grenze ziehen, oder vielmehr – nicht dem Denken, sondern dem Ausdruck der Gedanken: Denn um dem Denken eine Grenze zu ziehen, müssten wir beide Seiten dieser Grenze denken können (wir müssten also denken können, was sich nicht denken lässt). Die Grenze wird also nur in der Sprache gezogen werden können, und was jenseits der Grenze liegt, wird einfach Unsinn sein.

 

Sprecherin:

Die Grenzen des Denkens und Erkennens liegen Wittgenstein zufolge in der Sprache – das ist der springende Punkt, der entscheidend neue Gedanke, den Wittgenstein in die Philosophie einführt. Damit hat er zwar nicht, wie behauptet, die großen Fragen gelöst, wohl aber einen Perspektivenwechsel in der Philosophie herbeigeführt. Denn die neuzeitliche Philosophie bei Descartes und Kant hob mit dem Prinzip ‚Ich denke’, also mit dem Bewusstsein an. Dementsprechend galt ihr die Sprache als äußerlich und sekundär, als bloßes Arsenal von Zeichen, über die das menschliche Subjekt nach Belieben verfügt, um gleichsam die schon fertigen Gedanken zu veröffentlichen.

 

Sprecher:

Dagegen erklärte Wittgenstein, dass wir nicht vor und außerhalb der Sprache, sondern in ihr denken, weil die amorphen Gedanken erst im Satz Gestalt annehmen. Die Sprache formt unser Denken, aber sie verstellt es auch. Die Möglichkeiten und Grenzen unserer Welterkenntnis hängen demnach an der Sprache. Wittgenstein initiierte hier eine fundamentale Wende in der Philosophie, einen Paradigmenwechsel vom Bewusstsein zur Sprache, der die gesamte Philosophie des 20. Jahrhunderts charakterisiert, allerdings in sehr unterschiedlichen Ausprägungen.

 

Sprecherin:

Das Philosophieren muss zuvörderst einer Sprachkritik unterzogen werden, wenn es seiner Möglichkeiten, auch seiner Irrwege gewahr werden will. Wittgenstein selbst hat diese Reflexion in immer neuen Anläufen unternommen, dabei die eigene Position im Laufe seines Denkweges radikal verändert und neu bestimmt. Stets galt ihm in seinem Philosophieren das Fragen wichtiger als das Antworten. Wie Sokrates war Wittgenstein ein Skeptiker und glich ihm auch in  intellektueller Redlichkeit.

 

Sprecher:

Joachim Schulte, sei drei Jahrzehnten Wittgensteinforscher und Übersetzer, zur Zeit an der Universität Bielefeld, sieht noch weitere Parallelen:

 

O-Ton, Joachim Schulte:

Der Vergleich ist insofern nicht schlecht, als Wittgenstein zu Lebzeiten vor allen Dingen durch seine Persönlichkeit gewirkt hat, durch die Lehre, vor allem durch Gespräche, er hat ... zu Lebzeiten fast nichts veröffentlicht, nur das Jugendwerk, den Tractatus logico-philosophicus, den er selber nie so genannt hat, das war der Titel der englischen Ausgabe, für ihn war das immer die Logisch-philosophische Abhandlung. ...

Und Wittgenstein hat einerseits durch diesen Tractatus, der kurz nach dem Ersten Weltkrieg veröffentlicht wurde, stark gewirkt auf viele Gruppen von Philosophen, aber seine Philosophie hat sich ja bekanntlich sehr stark verändert, und von dem späteren und späten Wittgenstein haben die Leute durch die Lehrtätigkeit, vor allem durch Gespräche erfahren, und er hat als Persönlichkeit auf die Leute, die dafür empfänglich waren, eingewirkt. Insofern war er wirklich ein Sokrates, als er direkt mit den Leuten geredet hat.

 

 

Sprecherin:

Ludwig Wittgenstein wurde am 26. April 1889 in Wien geboren, jüngstes von acht Kindern in einer der reichsten  Familien Österreichs. Der Vater, Karl Wittgenstein, hatte in der Eisen- und Stahlindustrie ein gewaltiges Vermögen erwirtschaftet. Karl Wittgenstein war eine Unternehmerlegende, eine Art Krupp im Vorkriegsösterreich. Durchsetzungskraft und Eigenwillen bewies er nicht nur in der Ökonomie sondern auch in kulturellen Dingen, zum Beispiel in dem er die Maleravantgarde um Gustav Klimt finanziell unterstützte. Er verhalf ihnen zum so genannten Haus der Sezession.

 

Sprecher:

Ludwig Wittgensteins Mutter, Leopoldine, genannt Poldy, war sehr kultiviert, widmete sich der Musik, vor allem dem Klavierspiel. Berühmte Komponisten wie Johannes Brahms, Ludwig Mahler und andere gingen im Palais Wittgenstein ein und aus, wie die Wiener das prunkvolle Haus in der Alleegasse nicht ohne Neid nannten. „Im Haus meines Vaters standen sieben Konzertflügel“ erinnert sich Ludwig Wittgenstein. Die Musik von der Wiener Klassik bis in die Spätromantik hat ihn geprägt, ganze Symphonien, hieß es, konnte er pfeifen.

 

 

 

Musik

Schubert, Wandererfantasie, 2. Satz unterlegen ab 6’28 (Klavierspiel der Mutter)

 

Sprecherin:

Die Familie war überwiegend jüdischer Herkunft, allerdings vollkommen assimiliert, so dass sich Ludwig Wittgenstein dieser Abstammung erst in der Zeit des Nationalsozialismus bewusst wurde. Im Palais Wittgenstein, inmitten von Gouvernanten, Dienstboten und Privatlehrern, zwischen berühmten Musikern und unbekannten Protegés, verbrachte Ludwig Wittgenstein eine großbürgerliche Kindheit. Er selber erinnerte sich später:

 

Zitator:

Ich war ein zärtliches dabei aber charakterschwaches Kind soweit meine Erinnerung zurückreicht. ... Mit etwa 8 oder 9 Jahren hatte ich ein Erlebnis welches wenn nicht richtunggebend so doch für mein damaliges Wesen charakteristisch war. Wie es dazu kam weiß ich nicht ich sehe mich nur in einer Tür unseres Hauses stehen und denken: ‚Warum soll man die Wahrheit sagen, wenn es einem vorteilhafter ist zu lügen?’ Ich sah nichts, was dem entgegenstünde. Nun ist es aber nicht so, dass ich darauf mit teuflischer Bosheit zu Werke gegangen wäre, es sei denn dass man die Lüge an sich teuflisch nennt. Ich war nicht boshaft und meine Lügen hatten den Zweck mich in den Augen anderer angenehm erscheinen zu lassen. Es waren lauter Lügen aus Feigheit.“

 

Sprecher:

Anderen ist an diesem Kind vor allem sein Interesse und seine Begabung für technische  Dinge aufgefallen. Eine winzige Nähmaschine, die tatsächlich ein paar Stiche ausführen konnte, soll Wittgenstein als Kind aus allerlei Materialien gebastelt haben. Mit siebzehn ging er nach Berlin, um an der Technischen Hochschule Maschinenbau zu studieren. Nach drei Semestern wechselte er nach Manchester, wo er sich für verschiedene Projekte im Bereich der Flugtechnik interessierte.

 

Sprecherin:

Doch seine Wissbegier, sein Wille, den Dingen auf den Grund zu gehen trieb ihn weiter zu den Fundamentalfragen der Physik und der Mathematik. Vielleicht hat ihn der Philosoph und Logiker Gottlob Frege, den er 1911 in Jena aufsuchte, empfohlen, bei Bertrand Russell in Cambridge das Studium der Philosophie und der Logik aufzunehmen. Bertrand Russell, damals der bedeutendste englische Mathematiker und Logiker, erinnert sich, wie Wittgenstein zu ihm kam:

 

O-Ton, Bertrand Russell:

Wittgenstein wollte ursprünglich Ingenieur werden, und war deshalb nach Manchester gegangen. Zur Ausbildung eines Ingenieurs gehört die Mathematik, und aus diesem Grunde begann sich Wittgenstein für die Grundlagen der Mathematik zu interessieren. Er erkundigte sich in Manchester, ob es ein solches Fach gäbe und wer darin arbeitete. Man wies ihn an mich. Und Wittgenstein kam nach Cambridge. Er war ein merkwürdiger Mensch, dessen Einfälle mir verschroben vorkamen, so dass es mir ein ganzes Semester lang nicht klar wurde, ob er ein Genie war oder nur ein Sonderling. Am Schluss des ersten Semesters in Cambridge erschien er bei mir und fragte: ‚Möchten sie mir bitte sagen, ob ich ein kompletter Idiot bin, oder nicht.’ Ich gab zur Antwort: ‚Mein Lieber, das kann ich Ihnen nicht so ohne weiteres sagen, wie kommen Sie eigentlich darauf?’ – Er erklärte mir: ‚Wenn ich ein kompletter Idiot bin, werde ich Aviatiker, wenn nicht, werde ich Philosoph.’

Ich gab ihm den Rat, während der Ferien etwas über ein philosophisches Thema zu schreiben, dann könnte ich ihm Bescheid geben, ob er ein Idiot sei oder nicht.

Zu Beginn des nächsten Trimesters brachte er mir seine Arbeit. Ich las einen Satz nicht mehr, und sagte ich zu Ihm: ‚Nein, Sie dürfen nicht Aviatiker werden.’ Er wurde es auch nicht.

 

Sprecher:

In diesen Jahren vor dem Ersten Weltkrieg war Russell nicht nur Wittgensteins Lehrer, er wurde auch dessen Freund. Die Freundschaft war mitunter sehr anstrengend, da Wittgenstein rastlos, ja obsessiv von seinen Fragen umgetrieben wurde. 

 

O-Ton, Bertrand Russell

Der Umgang mit Wittgenstein war nicht leicht. Er kam manchmal um Mitternacht in meine Wohnung und ging stundenlang auf und ab wie ein einem Käfig. Er erklärte beim Eintreten, wenn er von mir weggehe, werde er sich umbringen. So schläfrig ich war, wegschicken wollte ich ihn nicht. Eines Abends, als er ein, zwei Stunden kein Wort gesprochen hatte, brach ich das Schweigen mit der Frage ‚Wittgenstein, worüber denkst du nach? Über Logik oder über Deine Sünden?’ – ‚Beides’ antwortete er und verfiel wieder in Schweigen.

 

Musik  Arnold Schönberg, Streichtrio op. 45, 2. Satz (3’26 – 3’39)

 

Sprecherin:

Aber nicht nur der junge Wittgenstein, sondern auch die Wissenschaften, Mathematik und Philosophie eingeschlossen, steckten zu Beginn des 20. Jahrhunderts in einer Grundlagenkrise. Die zunehmende Formalisierung und Abstraktion verlangte nach einer klaren und eindeutigen Begriffssprache. Bertrand Russell und andere, die über die Grundlagen der Mathematik und Logik forschten, arbeiteten am Konzept einer Idealsprache. Diese Idealsprache sollte Vieldeutigkeit und Ungenauigkeit der Alltagssprache überwinden.

 

Sprecher:

Ein Problem in diesem Zusammenhang bildeten die so genannten Russellschen Antinomien. Sie sind im Kern mit jenen logischen Paradoxien verwandt, die schon aus der Antike bekannt sind: Wie soll man den Satz jenes Kreters beurteilen, der behauptet: ‚Alle Kreter lügen.’ Oder ein anderes logisches Paradox:  ‚Ein Barbier rasiert alle diejenigen, die sich nicht selbst rasieren.’ Hier erhebt sich die Frage, wer rasiert den Barbier. – Denn wenn er es selbst nicht tut, so müsste er sich selbst rasieren. Rasiert er jedoch sich selbst, so darf er es nicht.

 

Sprecherin:

In diesen logischen Paradoxien durchkreuzen sich eine Inhalts- und eine Metaebene. Unentscheidbar treiben sie die Aussage zwischen sich hin und her.

Zwar kommen die berühmten Fallbeispiele in dieser Weise im Alltag nicht vor. Aber sie demonstrieren gleichwohl die Schwierigkeit der Selbstanwendung von Begriffen und Ideen. Und solche dilemmatische Selbstanwendung erleben wir im Alltag durchaus. Etwa wenn wir uns dazu zwingen wollen, zwanglos zu sein. Oder wenn wir durch ein Missgeschick alle unsere Ausweise verloren haben, neue aber nur besorgen können, wenn wir imstande sind uns auszuweisen.

 

Sprecher:

Russell hat versucht, diesen und ähnlichen Schwierigkeiten jedenfalls für den Bereich der Wissenschaft dadurch zu entgehen, dass er die Möglichkeit solcher Selbstanwendungen systematisch ausschloss.

Seine Lösung geriet allerdings unbefriedigend. Sie beruhte auf einem Kunstgriff, nämlich dem Verbot der Selbstreflexion. Untersagt man jedoch die Selbstanwendung, so beschneidet man die Möglichkeit des Denkens  selber in entscheidender Weise. Denn man raubt ihm die Freiheit der Selbstkritik.

 

Sprecherin:

Die Problemstellungen Russells und anderer Logiker haben Wittgenstein herausgefordert. Hier bildete sich sein eigener Denkansatz, und nicht in einer breiten philosophiehistorischen Lektüre, wie seine Übersetzerin und Freundin Elisabeth Anscombe schildert:

 

O-Ton, Elisabeth Anscombe:

Nur ganz wenige Philosophen haben ihn beeinflusst, wenn auch nachhaltig. Mit sechzehn Jahren las er Die Welt als Wille und Vorstellung und fand sie gewaltig. Später nannte er Schopenhauer einen tiefen Denker, aber in Grenzen. Am stärksten wirkte auf ihn Gottlob Frege, ihn hat er am meisten bewundert. ’Der Stil meiner Sätze’ – sagte er viele Jahre später – ‚ist erstaunlich stark von Frege beeinflusst.’ Von allen anderen Philosophen wusste Wittgenstein so gut wie nichts, manchmal fing er an sie zu lesen, aber nach ein paar Seiten, musste er es aufgeben. Wenn er einen Philosophen erwähnte, dann nur eine bestimmte Stelle,

nicht seine Weltanschauung. Bertrand Russell verdankte er viel, namentlich seinen Gesprächen mit ihm in den Jahren 1911 bis 1914. Und Russell wiederum sagte von seinen eigenen Vorlesungen über Logistik 1918: ‚Sie sollen vor allem gewisse Ideen erklären, die ich einem Freund und früheren Schüler, Ludwig Wittgenstein, verdanke’. Der Tractatus war damals noch nicht erschienen.

 

Sprecher:

Wittgenstein verschob Russells Überlegungen in einer subtilen Weise. Russell orientierte sich an Problemen der Aussage und der Bedeutung, darin behandelte er die Logik als Ordnung des Denkens. Wittgenstein hingegen diskutierte die Logik als Ordnung der Sprache. Dabei rückte er von der Auffassung ab, dass einzelne Zeichen bestimmte Dinge repräsentieren, wie es die Tradition unterstellte. Nur die Sprache als Ganze bildet Wirklichkeit ab, stellt Welt dar. Aber wie die Sprache Welt abbildet, dieses Abbildungsverhältnis selbst kann man nicht auf den Begriff bringen. Denn um es zu begreifen, müssten wir es von außen kommentieren. Wir müssten also aus der Sprache heraustreten, aber außerhalb haben wir keine Worte mehr.

 

Sprecherin:

Die Strenge der Wittgensteinschen Reflexion führt deshalb zu einer folgenreichen philosophischen Selbsteinschränkung, die er selber ausgesprochen hat:

 

Zitator:

Die meisten Sätze und Fragen, welche über philosophische Dinge geschrieben worden sind, sind nicht falsch, sondern unsinnig. Wir können daher Fragen dieser Art überhaupt nicht beantworten, sondern nur ihre Unsinnigkeit feststellen. Die meisten Fragen und Sätze der Philosophen beruhen darauf, dass wir unsere Sprachlogik nicht verstehen. (Sie sind von der Art der Frage, ob das Gute mehr oder weniger identisch sei als das Schöne.) Und es ist eigentlich nicht verwunderlich, dass die tiefsten Probleme eigentlich keine Probleme sind.

 

Sprecher:

Für Wittgenstein zum Beispiel ist es unsinnig nach der Existenz der Welt zu fragen: täglich setzen wir voraus, dass sie existiert, wir könnten nicht einmal richtig sprechen und unsere Fragen stellen, wenn wir das nicht voraussetzten. Stellen wir dennoch die Existenzfrage, verstehen wir unsere Sprache nicht.

Wittgenstein erhob daher die Forderung: „Alle Philosophie ist Sprachkritik“, Tractatus 4.0031. Und an anderer Stelle zog er das ernüchternde Fazit:

 

Zitator:

Die richtige Methode der Philosophie wäre eigentlich die: Nichts zu sagen, als was sich sagen lässt, also Sätze der Naturwissenschaft, - also etwas, was mit Philosophie nichts zu tun hat - , und dann immer, wenn ein anderer etwas Metaphysisches sagen wollte, ihm nachzuweisen, dass er gewissen Zeichen in seinen Sätzen keine Bedeutung gegeben hat. Diese Methode wäre für den anderen unbefriedigend – er hätte nicht das Gefühl, dass wir ihn Philosophie lehrten – aber sie wäre die einzig streng richtige.

 

Musik  Arnold Schönberg, Streichtrio op. 45, 3. Satz (2’42 – 2’56)

 

Sprecherin:

Wittgensteins Tractatus verordnete der Philosophie eine antimetaphysische Diät. Nüchternheit, Klarheit und höchste Sachlichkeit müssten ihre Sätze auszeichnen. Der Sprache widerfährt damit freilich eine Verengung in anderer Hinsicht. Sie wird am Ideal der Mathematik ausgerichtet, Sprache erscheint nun wie ein großes Kalkül, wie ein Rechnen mit Begriffen. Der dezimalnumerische Aufbau des Tractatus scheint dies zu unterstreichen. Und doch zeigt sich bei genauer Lektüre, dass man von den Hauptsätzen zu den Untersätzen, aber auch in umgekehrter Richtung lesen und interpretieren muss. So sprengt der Tractatus das formallogische Verständnis von Philosophie, das er nahe liegt, an vielen Stellen selbst wieder auf.

 

Sprecherin:

„Man kann ... die knapp 100 Seiten ... dieses Buches an einem Nachmittag lesen und zugleich Jahre darüber grübeln, ohne sie vollständig verstanden zu haben.“ So hat ein Tractatus-Interpret treffend gesagt. Und ein anderer, der Wittgenstein-Forscher Joachim Schulte, macht auf die Spannung im Werk aufmerksam.

 

O-Ton, Joachim Schulte:

Es ist ein unglaublich komprimiertes Buch, später hat er gesagt, im Grunde sei jeder Satz des Tractatus die Überschrift für ein ganzes Kapitel Philosophie.

Und das Buch ist einerseits sehr konstruiert und andrerseits ist es ein lebendiger Organismus. Die Suche nach Klarheit ist auf jeden Fall präsent, es hat auch eine destruktive Seite, es will aufräumen ...  mit metaphysischem Brimborium. Das Wort Metaphysik wird im wesentlichen negativ gebraucht, an den wenigen Stellen, an denen es vorkommt.

Andrerseits hat der Tractatus etwas, was man zwar nicht Metaphysik nennen kann, aber ‚das Mystische’, eine mystische Seite. Und da trifft er sich mit dem Geist der Zeit. Es ist etwas was man dann nicht weiter begründen kann. Das Mystische kann man nur fühlen, spüren, man kann nicht rational darüber reden,

und diese Bemerkungen, die am Ende des Buches kommen, über das Mystische, über den Solipsismus und einige andere Sachen, über die Methode der Philosophie, die darin besteht, den anderen ihren Unsinn auszureden, um es salopp zu sagen, - das steht sehr im Gegensatz zu anderen philosophischen Aussagen, die wollen, dass man das Höhere, das Wertvollste eben durch den Gipfel der philosophischen Argumentation näher bringen kann. An der Stelle ist es nicht da - sofern man etwas Höheres überhaupt artikulieren kann, bleibt es unausgesprochen, es kann nicht in sinnvollen Sätzen gesagt werden, - aber es hat einen Wert:

 

Sprecher:

Wittgensteins Frühwerk, der Tractatus, hat zwei Seiten, man könnte sagen: eine geschriebene und eine ungeschriebene. Bislang wurde hauptsächlich der geschriebene Teil diskutiert, der andere, der versteckte ist jedoch nach Wittgensteins eigenem Bekunden weit wichtiger. Er hat ihn das Mystische genannt, das Unsagbare. „Denn nur was nicht gesagt werden kann, ist’  - so Wittgenstein – ‚wirklich sagenswert.’

 

Sprecherin:

Eine solche Aussage verwundert bei einem Denker, der Sprache nach den Idealen der Mathematik und der formalen Logik misst, der ausschließlich Sätze gelten lässt, die sich in Bezug auf Wirklichkeit als wahr oder falsch beurteilen lassen. Damit fallen Sätze der Ethik notwendig ins Unsagbare. Denn ein Wert kann per definitionem nicht nach einem Faktum beurteilt, ein Sollen nicht aus einem Ist-Zustand abgeleitet werden.

 

Sprecher:

Wittgenstein ließ aber in seiner Skepsis gegenüber Philosophie und Wissenschaft keinen Zweifel daran, dass ihm ethisch-praktische Fragen mehr am Herzen lagen als theoretisch-wissenschaftliche. Das Ethische ist ihm zufolge zwar keine Angelegenheit einer sinnvollen Behauptung, das Gute kann nicht gesagt, aber es kann getan werden. Angesichts des Lebensprobleme, die es zu meistern gilt, dünkte Wittgenstein das philosophische Geschäft nutzlos und eitel. Diese Rangfolge stand für ihn fest, wie er seinem Freund, dem Archtekt Paul Engelmann gestand:

 

Zitator:

Wie kann ich ein guter Philosoph werden, wenn es mir nicht gelingt ein guter Mensch zu werden?

 

Sprecherin:

Stephan Toulmin und Allan Janik haben in ihrer Studie Wittgensteins Wien diese Einstellung mit der geistig-moralischen Krise um die Jahrhundertwende 1900 in Zusammenhang gebracht. Sie interpretieren Wittgenstein weniger als Analytiker und Logiker denn als Kulturkritiker, der auf den Niedergang des Habsburgerreiches reagiert. 

 

Sprecher:

Umgeben von

Nationalstaaten, die sich überall in Europa durchgesetzt hatten, stellte der Vielvölkerstaat der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie einen historischen Anachronismus dar. In seinem Innern drängten die slawischen Völker auf nationale Selbständigkeit, und es schien nur eine Frage der Zeit, wann sie das fragile Staatsgebilde auseinander sprengen würden.

Indessen klammerten sich Adel und Bürgertum an Titel und Ämter. Sie verschanzten sich in den Prunkgebäuden der Ringstraße, deren überladene Stuckfassaden die innere Leere und den moralischen Selbstbetrug verbergen sollten. Um jeden Preis suchte man die eigene Krise zu verdrängen,

flüchtete sich zurück in die Walzerseligkeit des 19. Jahrhunderts, schwelgte in Genuss und morbidem Ästhetizismus.

 

Musik

Johann Strauß, G’schichten aus dem Wienerwald (Walzer) (5’25 – 6’00)

 

Sprecherin:

Das Wien der Jahrhundertwende kultivierte jedoch nicht nur die Dekadenz, es brachte auch deren schärfste Kritiker hervor. Hier bildete sich eine Avantgarde auf beinahe allen Gebieten der Kunst und Kultur. In der Literatur hielten Arthur Schnitzler und Karl Kraus dem Bürger den Spiegel vor. In der Architektur schmähte Adolf Loos das Ornament als ein Verbrechen. Die Maler der Sezession attackierten den herrschenden Kunstgeschmack. Und Sigmund Freud legte die seelischen Abgründe und neurotischen Sümpfe der Gesellschaft bloß, mit den Mitteln der von ihm begründeten Psychoanalyse. 

 

Sprecher:

Die stärksten Parallelen zu Wittgensteins Vorgehen finden sich jedoch bei dem Komponisten Arnold Schönberg und der so genannten Zweiten Wiener Schule, zu der auch Anton Webern und Alban Berg gehörten. Wie Wittgenstein die Sprache von metaphysischem Ballast befreite, sie gleichsam läuterte und auf ein formallogisches Ideal verpflichten wollte, so gelang Arnold Schönberg ein Umsturz der tonalen Musiksprache, die Europa von Bach bis Mahler bestimmte. Schönberg stürzte den Grundton gleichsam vom Thron und erfand die Zwölftonmusik, in der alle Töne gleichberechtigt in der Reihe auftauchen, ein Kompositionsverfahren, in dem buchstäblich gezählt und gerechnet wird.

 

Musik  Arnold Schönberg, Streichtrio op. 45, 1. Satz (von Beginn)

 

Sprecherin:

Den Menschen, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine geistig-moralische Neuorientierung sucht, hat Robert Musil in seinem unvollendeten Essay-Roman Der Mann ohne Eigenschaften porträtiert. Die Hauptfigur Ulrich, eben jener Mann ohne Eigenschaften, weist nicht zufällig einen Werdegang auf, der demjenigen Wittgensteins ähnlich ist. Wie Wittgenstein war Ulrich zunächst Offizier und Ingenieur, danach Mathematiker, schließlich frei philosophierender Gelehrter, nüchtern und streng, aber mit einem Hang zum Mystischen

Joachim Schulte zieht dem Vergleich mit Wittgenstein jedoch Grenzen:

 

O-Ton, Joachim Schulte:

Er war Ingenieur, er war auch Offizier, und irgendwie hatte auch seine Art zu schrieben, etwas vage Modernes, Sachliches, Nüchternes, - aber ich glaube da hören die Parallelen mit Ulrich auf, denn Wittgenstein war absolut kein Mensch ohne Eigenschaften, also in dem Sinne, dass er sich hätte beliebige zulegen können, sozusagen die nach Gusto wechseln können, er war extrem geprägt von seiner Herkunft, als einer der Wittgensteins, was hieß, dass er nicht nur Vorbilder - seinen Vater und andere Familienmitglieder - mitbekommen hat, sondern auch, dass er sich immer dagegen wehren musste, dass er zum Beispiel sein Vermögen verschenkt hat, charakteristischerweise nicht den Armen gegeben hat, sondern seinen reichen Verwandten, weil denen das Geld nicht mehr schadet, wie er sagte: die haben so viel, da macht es nichts, wenn sie noch mehr bekommen.

 

Sprecher:

Wittgenstein blieb seiner Herkunft verhaftet und wurde doch fortgetrieben vom Wunsch nach einer neuen geistig-moralischen Basis, von der Sehnsucht nach Authentizität im Reden wie im Tun. Die Spannung zwischen der konservativen Herkunft und der Radikalität seiner Ideen zerrte an Wittgenstein, erschöpfte ihn oft: er wurde ein Revolutionär wider Willen. In seinen kulturellen Idealen hielt er am 19. Jahrhundert fest. Mit Schönbergs Revolution in der Musiksprache, obgleich sie seinem philosophischen Ansatz geistverwandt war, hatte er nichts im Sinn. Er liebte Beethoven, Schumann, Schubert und Brahms, die Musik der deutsch-österreichischen Kultur in Wien. 

 

Musik

Beethoven, letztes Streichquartett (op. 135), 4. Satz Allegro (von Beginn)

 

Sprecherin:

Wie viele Künstler und Intellektuelle des Expressionismus erlebte auch Ludwig Wittgenstein den Ausbruch des Weltkriegs mit gemischten Gefühlen. Er meldete sich freiwillig, nicht weil er militaristisch oder nationalistisch gesinnt war, sondern weil er – wiederum wie viele andere– dem Krieg wie einem Gewitter entgegensah, das das gesellschaftliche Klima reinigen, ihn selber von unerträglichen Spannungen befreien und seelisch läutern könnte.

 

Sprecher:

Trotz eines beidseitigen Leistenbruchs wurde er zum Kriegsdienst angenommen.

Zunächst war er zu Patrouillenfahrten an der Weichsel in der Nähe von Krakau eingeteilt. Später, an der Front meldete er sich zu gefährlichen Kundschafterdiensten, wofür er ausgezeichnet wurde. Es ist, als ob er die Nähe des Todes, die Grenzerfahrung bewusst gesucht hätte. Während er in der Vorkriegszeit oft an Selbstmord gedacht hatte - drei seiner vier Brüder haben sich selbst das Leben genommen - hat ihn das Erlebnis des Krieges offenbar verändert.

Hermine Wittgenstein schrieb über ihren Bruder:

 

Zitator:

Schon damals bereitete sich in Ludwig eine tiefe Wandlung vor, die sich erst nach dem Krieg auswirken sollte ... und die schließlich in dem Entschluss gipfelte, kein Vermögen mehr besitzen zu wollen. Er wurde von den Soldaten ‚der mit dem Evangelium’ genannt, weil er Tolstois Bearbeitung der Evangelien bei sich trug.

 

Sprecherin:

Brian McGuiness, englischer Philosoph und Herausgeber der Werke Wittgensteins, hat in seiner großen biographischen Studie Wittgensteins frühe Jahre das Kriegserlebnis als religiöse Bekehrung, ja sogar als eine Art Wiedergeburt bezeichnet, auch wenn sich Wittgenstein nie als Christ im kirchlichen Sinne verstanden hat. Wittgenstein selbst sagte über den Krieg:

 

Zitator:

Mir hat er das Leben gerettet; ich weiß nicht, was ohne ihn aus mir geworden wäre.

 

Musik  Alban Berg, 4 Stücke für Klarinette und Klavier, op 5, 3. Stück

Klarinettenmotiv (0’25 – 0’40)

 

Sprecher:

Weite Teile des Tracatus entstanden an der Front. Denn als er im November 1918 in italienische Kriegsgefangenschaft geriet, war das Manuskript weitgehend abgeschlossen. Wittgenstein war der Ansicht, seinen philosophischen Auftrag erfüllt zu haben, und beschloss, als er nach zehn Monaten aus der Kriegsgefangenschaft entlassen wurde, ein anderes Leben zu beginnen.

Bertrand Russell war entsetzt von der Wandlung Wittgensteins, als er den Freund 1919 in Holland wiedertraf. Russell schrieb:

 

Zitator:

Aus seinem Buch hatte ich schon einen Anflug von Mystik herausgespürt, war aber doch erstaunt, als ich herausfand, dass er ganz zum Mystiker geworden ist. Er liest solche Leute wie Kierkegaard und Angelus Silesius und denkt ernsthaft darüber nach, Mönch zu werden.

 

Sprecherin:

Viele Jahre später schildert Russell Wittgensteins neues Leben gelassener:

 

O-Ton, Russell

Wittgenstein hatte ein riesiges Vermögen von seinem Vater geerbt, aber weggeschenkt, weil Geld für einen Philosophen nur eine Last sei. Um sich sein Brot zu verdienen, wurde er Dorfschullehrer, in dem kleinen Nest Trattenbach. Und von dort schrieb er mir ganz unglücklich: ‚Die Trattenbacher sind schlechte Menschen.’ Ich schrieb zurück: ‚Alle Menschen sind schlecht’ - worauf er antwortete: ‚Stimmt. Aber die Menschen in Trattenbach sind schlechter als anderswo.’ Ich erwiderte darauf, dass sich mein logischer Sinn gegen eine solche Behauptung sträubte. Und dabei ließ er es bewenden, bis er übersiedelte, und durch den Ortswechsel die allgemeine Sündhaftigkeit der Menschen näher kennen lernte.

 

Sprecher:

Aus der Kriegsgefangenschaft entlassen, hatte Wittgenstein tatsächlich seinen gesamten Besitz – und er war nach dem Tod seines Vaters Miterbe eines riesigen Vermögens geworden – an seine Geschwister verschenkt. Nur die Hütte in Norwegen, die er 1914 gebaut hatte, blieb ihm, nachdem er vergeblich versucht hatte, auch sie zu verschenken. „Jetzt musste er durch sein Leben zeigen, was er in seiner Schrift so indirekt mitzuteilen versucht hatte“, meint Brian McGuinness in seinerWittgensteinbiographie. Wittgenstein ließ sich zum Volksschullehrer ausbilden und unterrichtete in Niederösterreich in der Nähe von Kirchberg, wo jeden Sommer das internationale Wittgenstein-Symposion stattfindet.

 

Sprecherin:

Über Wittgensteins Lehrerjahre ist wenig bekannt. Man weiß, dass er mit viel Engagement arbeitete und seinen Schülern eine weit über Provinzniveau liegende Bildung vermitteln wollte. Er war ein überaus strenger Lehrer, der die Kinder auch mit körperlicher Gewalt strafte. 1926 entschloss er sich nach einem Skandal seine Lehrertätigkeit zu beenden: Ein Schüler war nach einer Ohrfeige Wittgensteins ohnmächtig zusammengebrochen. Man vermutete später, dass der Junge schon krank war, denn er verstarb wenige Jahre danach an Leukämie. Der Skandal bildete wohl eher einen äußeren Anlass. Vielleicht war Wittgenstein der Einsamkeit seiner Exerzitien müde. Er streckte die Fühler nach der großen Welt und einer neuen Stelle in England aus. 

 

Sprecher:

Bevor er in die akademische Welt der philosophischen Theorie zurückkehrte, hat er sich in Wien auf einem Feld der Praxis engagiert. Joachim Schulte:

 

O-Ton, Joachim Schulte:

Er hat ja dann seine Ingenieurkenntnisse auch einmal wirklich zur Anwendung gebracht, als er für seine Schwester, die reichste von allen, Margarete Stonborough ein Haus im 3. Bezirk in Wien gebaut hat, was erst ein guter Freund von Wittgenstein angefangen hatte, Paul Engelmann, dem er dann sozusagen die Arbeit aus der Hand genommen hat. Das Äußere stand schon, grob von Loos beeinflusst, bloß monumentaler, und da hat er sich zwei Jahre lang Mühe gegeben, alle Details hinzubekommen, die Heizkörper sind zigmal neu entworfen worden, sind geschmiedet worden. Die Handwerker sind zurückgegangen, dann musste hier ein halber Millimeter weg - eine wahnsinnige Präzision, die findet sich dann auch in den Schriften wieder, wenn man sieht, wie oft Wittgenstein ein und dieselbe Bemerkung umgeschrieben hat, oft ausgestrichen hat, angedeutet hat: ‚hier müsse man noch etwas Besseres finden’ - das hat schon eine gewisse Ähnlichkeit mit Ingenieurstätigkeit.

 

Sprecherin:

Das von Wittgenstein erbaute Haus in der Kundmanngasse beherbergt heute das Bulgarische Kulturinstitut. Von außen erinnert das Gebäude an den Baustil von Adolf Loos, das Innere blieb in der Architektur des 20. Jahrhunderts einmalig: Saalartige Räume, hohe senkrecht gegliederte Metallfenster und Türen, strenge kubische Bauformen in klaren Proportionen.

 

Sprecher:

Überliefert ist, dass die Schwester das Ganze als ‚Haus gewordene Logik“ bezeichnete. Zugleich mutet das Gebäude beinahe wie ein Tempel an. Wie stets hatte sich Wittgenstein in den Entwurf der winzigsten Details ebenso vertieft, wie in den Charakter des Ganzen. Jeder Aspekt des Hauses vom Fensterbrett bis zur Türklinke sollte den Stempel seines Denkens und seiner Vorstellungen tragen. Dem wurde alles untergeordnet, sogar die Ansprüche an Bequemlichkeit der Bewohner. In einer Architekturstudie heißt es über das Wittgenstein-Haus:

 

Zitator:

„Akademien und Architekturbüros können keine formalen Dogmen und Rezepte in diesem Gebäude finden. Sie werden vergeblich nach Details suchen, die sie kopieren könnten, wie stützenlose verglaste Ecken oder Fensterbänder. Anstelle von Formen oder Klischees - eine Philosophie.“

 

Musik

Arnold Schönberg, Streichtrio op. 45, 1. Satz (5’25 – 5’47)

Tonleiter-Motiv

 

Sprecherin:

Auf den Philosophen Wittgenstein war man im akademischen Wien schon Anfang der zwanziger Jahre aufmerksam geworden. Eine Gruppe von Mathematikern, Physikern und Wissenschaftstheoretikern, die sich später Wiener Kreis nannte, begann sich für den Verfasser des Tractatus zu interessieren, jenen sonderbaren Denker, der es vorzog als Dorfschullehrer irgendwo in einem Winkel Österreichs zu arbeiten. Die Gruppe, zu der Moritz Schlick, Ernst Neurath, Friedrich Waismann und Rudolf Carnap gehörten, lud Wittgenstein zu ihren Gesprächsrunden nach Wien ein.

 

Sprecher:

Bei einem ersten Treffen, das 1927 zustande kam, weigerte sich Wittgenstein jedoch, mit ihnen über Logik zu diskutieren. Stattdessen trug er den verdutzten Wissenschaftlern Gedichte des indischen Philosophen Rabindranath Tagore vor.

Aus der Kritik am Wiener Kreis und dessen positivistischer Fortsetzung seines eigenen Denkens machte Wittgenstein keinen Hehl. Gegenüber Waismann bemerkte er einmal:

 

Zitator:

„Absage an die Metaphysik.“! Als ob das was Neues wäre. Was die Wiener Schule leistet, muss sie zeigen, nicht sagen. ... Das Werk muss den Meister loben.

 

Sprecherin:

1929 entschloss sich Wittgenstein wieder nach Cambridge zu gehen. Bertrand Russell und andere Freunde setzten sich für ihn ein, aber da er keinen akademischen Abschluss besaß, musste er zunächst als research student beginnen, bis er mit seinem schon veröffentlichten Tractatus promovieren konnte. Dann erhielt er einen befristete Forschungsstelle am Trinity College, die er bis 1936 innehatte. Doch erst 1939 – im Jahr zuvor hatte er die britische Staatsbürgerschaft angenommen - erhielt er eine Professur für Philosophie in Cambridge. Wittgensteins wurde auf den freigewordenen Lehrstuhl seines Freundes Georg Edward Moore berufen.

 

Sprecher:

Den Seminaren und Vorlesungen Wittgensteins eilte unter Studenten schon früh der Ruf des Besonderen voraus. Einer seiner ehemaligen Studenten, der Philosophieprofessor Carl Britten erinnert sich:

 

O-Ton, Carl Britten:

Wittgenstein war schonungslos in der Diskussion. Es fehlte ihm an Geduld. Für den Neuling in der Philosophie, brachte er Geduld auf, aber  nicht für jemanden, der sich seine eigene Ansicht gebildet hat. Er sprach häufig im Stehen, er ging aufgeregt hin und her, schrieb an die Tafel, schlug die Hände vor das Gesicht und versank in Nachdenken.

Aber besonders charakteristisch war das plötzliche Erstarren des Blicks, wenn er sich langsam etwas Neuem näherte. Oft blieb er stecken, wandte sich hilfesuchend an die Hörer, die ihm doch nicht helfen konnten, ging herum und murmelte verzweifelt: ‚Ich bin ein Narr, ein Narr.’ Wir fanden dieses Ringen nicht übertrieben, so übermenschlich schwer erschien uns das Thema.

 

Sprecherin:

Wittgenstein besaß zweifellos Charisma. Er schlug die Hörer in Bann, gerade weil er keine Lehrmeinungen referierte oder sich mit Interpretationen von Interpretationen klassischer Texte begnügte. Vielmehr zeigte er jenseits akademischer Attitüden ein lebendiges Philosophieren. Wittgenstein stellte sich den Problemen, ja er rang buchstäblich mit Ihnen. Dabei erachtete die Frage für philosophisch wichtiger als die Antwort, wie er oft betonte:

 

Zitator:

Wir haben nicht das Problem zu analysieren, sondern die Frage nach dem Problem. Wir haben nicht zu fragen: Wie ist das? Sondern was heißt es, wenn wir fragen, wie das ist?  Was erwarten wir als Antwort, und wie können wir wissen, ob wir richtig fragen. Wie eine richtige Antwort erwarten, wenn die Frage nicht richtig gestellt ist? Was ist eine Frage?

 

 

O-Ton, Carl Britten:

Er stellte seinen Schülern nicht nur die schwersten Aufgaben, er legte denen, die Philosophie studieren wollten, die größten Schwierigkeiten in den Weg. Mir sagte er einmal: Ich könne unmöglich die Philosophie ernstnehmen, wenn ich den Doktor der Philosophie machen wolle. Ich müsse den Lehrstoff aufgeben, um nicht das Interesse am Gegenstand zu verlieren. Über das akademische Leben im allgemeinen äußerte er sich mit stärkstem Widerwillen. Ein einziges Mal, sagte er, hat er an den Tischgesprächen der Professoren teilgenommen, und sich die Ohren zugehalten und war weggegangen. Sie redeten nur, um recht zu behalten, und es machte ihnen noch nicht einmal Freude.

Er verübelte es mir, dass ich an der philosophischen Jahrestagung teilnahm, er fand es leichtfertig und oberflächlich und damals bei einer unserer letzten Begegnungen, das ist nun zehn Jahre her, entrang sich ihm der Ausruf: ‚Was kann ein Mensch allein tun?’

 

Musik 

Anton Webern, 3 kleine Stücke für Violoncello und Klavier, op 11

2. Stück, Gesamtlänge 0’22 (Motiv: Fragezeichen)

 

Sprecher:

Wittgenstein hatte in den dreißiger und frühen vierziger Jahren in Cambridge eine äußerst produktive Zeit. Er schrieb beinahe täglich. Damals entstanden umfangreiche Manuskripte, meist Vorlesungsschriften, die er ausgewählten Studenten diktierte. Provisorisch benannte er sie nach ihren farbigen Einbänden: das Blaue Buch und das Braune Buch. Ferner verfasste er Studien über die Grundlagen der Mathematik, die wir heute unter dem Buchtitel Philosophische Grammatik kennen.

 

 

Sprecherin:

Die Vorlesungsmanuskripte wurde in winziger Zahl vervielfältigt, zirkulierten unter Studenten, wurden wiederum abgetippt und drangen bis in entfernte Winkel Amerikas, wo sie auf den Campus auftauchten und gehandelt wurden wie die verbotene Samisdat-Literatur im ehemaligen Ostblock.

Wittgensteins Wirkung, sein Bekanntwerden, beruhte allein auf diesen Vorlesungsschriften und auf seiner Persönlichkeit. Denn außer dem Tractatus hat er zu Lebzeiten nichts publiziert.

 

Sprecher:

Er arbeitete allerdings seit 1936 an einem Buch, das sein verändertes Denken darlegen sollte – unter dem Titel Philosophische Untersuchungen. Wieder und wieder überarbeitete er das Niedergeschriebene, fügte Passagen hin zu, strich andere Teile, ohne dass ihn das Ergebnis zufrieden stellte. Erst nach seinem Tod erschienen die Philosophischen Untersuchungen, sein berühmtes Spätwerk. Doch die publizierte Schrift basiert - vor allem in der Zusammenstellung des zweiten Teils - auf Entscheidungen der Nachlassverwalter. Hier stellen sich für die Interpretation Fragen, die bis heute die Forschung beschäftigen. 

 

Sprecherin:

Joachim Schulte arbeitet zur Zeit an einer Kritisch-genetischen Ausgabe der Philosophischen Untersuchungen. Schulte will erstmals den gesamten Textcorpus sichtbar machen, den Wittgenstein in einem 15jährigen Schaffensprozess hervorgebracht hat. Denn Wittgensteins Werke zu lesen, ist – so Schulte - nicht unproblematisch.

 

O-Ton, Joachim Schulte:

Jedenfalls muss man sich immer darüber klar sein, wenn man Wittgensteins Bücher liest: man liest zwar Originaltext Wittgenstein, aber die gesamte Form, ist immer eine Herausgeberentscheidung. Und das ist sicherlich ein Anliegen dieser Ausgabe, dass man sehen soll, wie Wittgenstein unterschiedliche Auffassungen zu verschiedener Zeit hatte, und wenn man solche Texte hinter einander weg lesen kann, dann sieht man dass das ganz andere Sachen waren, dass ein gutes Jahr vor Abschluss dessen, was wir als ersten Teil der philosophischen Untersuchungen kennen, die heute am bekanntesten und meistdiskutiertesten Passagen noch gar nicht drin waren – das Privatsprachenargument, vieles über Regelfolgen, über den Willen, war einfach noch nicht da, das ist erst im letzten Schub gekommen.

Ich glaube das Wort, das ich gerade gebraucht habe, Schub – das trifft ein bisschen seine Arbeitsweise, denn wenn er im strikten Sinne kreativ war, dann waren das meist kurze Phasen, auch wenn er fast jeden Tag geschrieben hat, waren die neuen Dinge, die hinzugekommen sind, meist die Frucht relativ kurzer Perioden.

 

Sprecher:

Die Frühversion der Philosophischen Untersuchungen entstand zu großen Teilen 1936 und 1937 in der Einsamkeit seiner norwegischen Hütte. Wittgenstein hatte sich dorthin zum Schreiben zurückgezogen, als sein Forschungs- und Lehrauftrag am Trinity College endete. Ein zweiter Schub folgte 1944 während des Krieges, als er bei seinem Freund Rush Rhees in Wales wohnte, ein dritter in Cambridge 1949, wo er weite Teile neu diktiert, andere umgestellt und neu geordnet hat.

 

Sprecherin:

Er wollte seine Philosophie in wenigen kurzen Bemerkungen zusammenbringen. in einer Textgestalt, wo die Fragen präzisiert, die Probleme durchdacht und auf den Punkt gebracht sind. Auch im Schreiben erwies er sich als Revolutionär wider Willen: Auf der einen Seite lenkte ihn ein konservatives Ideal. Sein Schreiben sollte zu einem perfekten Werk führen, eine in sich geschlossene Form, einem absolut bündigen Text ergeben. 

 

Sprecher:

Auf der anderen Seite demonstrierte er wie kaum ein zweiter, dass die philosophische Reflexion vor allem eine Tätigkeit ist, ein Denken, das sich bewegt und immer wieder neu und anders anhebt. Dem entsprachen seine fragmentarischen und offenen Texte, die er hinterlassen hat. Sie zeigen ein work in progress, voller Brüche, die aber zugleich Anschlussmöglichkeiten nach verschiedenen Seiten hin gestatten.

 

O-Ton, Joachim Schulte:

Seine großen Vorbilder waren nicht irgendwelche Philosophen, Denker im allgemeinen, sondern seine wirklichen Vorbilder waren die großen Musiker des 19. Jahrhunderts. Seine Formvorstellung kommt von der Musik, er hat auch bekanntlich gesagt, was mich richtig traurig macht, ist, dass ich nie meinen Lesern mitteilen kann, welche Bedeutung für mich die Musik gehabt hat, und ich nehme an, dass er vor allem traurig war, dass er eben keine Symphonie zustandegebracht hat, wo alles einen Anfang und einen Schluss, wo alles mit Quasinotwendigkeit erfolgt, das wollte er eigentlich.

 

Musik

Johannes Brahms, Sinfonie Nr. 4 e-moll, 4. Satz (Finale ab 8’40)

 

Sprecherin:

Die Philosophischen Untersuchungen hatten dasselbe große Thema wie der Tractatus: die Sprache. Aber nun stellte sie Wittgenstein unter ein ganz anderes Bild:

 

Zitator:

Unsere Sprache kann man ansehen als eine alte Stadt: Ein Gewinkel von Gässchen und Plätzen, alten und neuen Häusern, und Häusern mit Zubauten aus verschiedenen Zeiten; und dies umgeben von einer Menge neuer Vororte mit geraden und regelmäßigen Straßen und einförmigen Häusern.

 

Sprecher:

So vielfältig wie das Leben in der Stadt, wo Menschen arbeiten und ausruhen, einkaufen, sich vergnügen oder sonst irgendetwas tun, so vielfältig galt Wittgenstein nun auch die Sprache. Es existiert nicht die eine Sprache, vielmehr ein Gebilde im Plural: verschiedene Sprachen. Und Wittgenstein reflektiert Sprache auch nicht mehr als logische Form wie im Tractatus, vielmehr betrachtet er sie in ihrem gesellschaftlichen Zusammenhang und als Teil des Lebens.

 

Zitator:

Es gibt ... unzählige verschiedene Arten der Verwendung all dessen, was wir ‚Zeichen’, ‚Worte’, ‚Sätze’ nennen. Und diese Mannigfaltigkeit ist nichts Festes, ein für alle Mal Gegebenes, sondern neue Typen der Sprache, der Sprachspiele, wie wir sagen können entstehen und andere veralten und werden vergessen. ...

Führe Dir die Mannigfaltigkeit der Sprachspiele an diesen Beispielen, und anderen, vor Augen:

Befehlen, und nach Befehlen handeln –

Beschreiben eines Gegenstandes nach dem Ansehen, oder nach Messungen ...

Berichten eines Hergangs

Eine Geschichte erfinden; und lesen

Theater spielen-

Reigen singen-

Rätsel raten-

Einen Witz machen; erzählen ...

Aus einer Sprache in die andere übersetzen

Bitten, Danken, Fluchen, Grüßen, Beten

 

Sprecherin:

Was Wittgenstein erkannte, und was die Sprechakttheorie Austins und Searls von ihm aufnehmen und systematisch ausarbeiten sollte, war die Erkenntnis, dass wir mittels Sprache handeln und mit anderen in eine ganze bestimmte Beziehung treten. Wenn wir zum Beispiel die Worte sagen ‚Ich verspreche Dir  morgen zu helfen’ so benutzen wir nicht einfach Zeichen, denen im Lexikon Bedeutungen zu geordnet sind, vielmehr übernehmen wir eine konkrete Verpflichtung gegenüber dem anderen.

 

Sprecher:

Und der andere hört nicht bloß ein ihm bekanntes Wort, sondern er nimmt ein Versprechen entgegen. Versprechen ist ein sprachliches Handeln, ein Sprachspiel. Wittgenstein bezeichnet die Sprache insgesamt als Sprachspiel, weil sie mit Handlungsweisen verknüpft ist, weil sie – so seine Formulierung – ‚mit Lebensformen verwoben’ sei.

 

Sprecherin:

Sprachspiel lautet der berühmteste, aber oft auch missverstandene Begriff des Spätwerkes. Mit dem Rekurs auf Spiel wollte Wittgenstein gerade nicht ausdrücken, dass die Sprache etwas Unverbindliches oder Beliebiges sei. Vielmehr rückte er die Regel ins Blickfeld. So wie das Schachspiel nur dank der Regeln existiert, - ansonsten gäbe es nur ein Holzbrett mit verschiedenen Steinen - so verlangt auch die Teilnahme an der Sprache die Akzeptanz von Regeln.

 

Sprecher:

In der Immanenz des Spiels haben die Regeln also den Status einer Notwendigkeit, doch von außen betrachtet fehlt den Regeln des Schachspiels die absolute Begründung. Sie sind kontingent. Das Spiel könnte auch andere Regeln haben. Genauso verhält es sich mit der Sprache. Sie ist notwendig und zufällig zugleich. Die Sprache ist Träger von Tradition, sie das „Haus des Seins“ wie Heidegger es ausdrückte. Nur aus unserer symbolisch vermittelten Kultur und Geschichte heraus können wir Welt verstehen, zugleich verweigert die Sprache uns letzte Gründe und Begründungen. So erklärte der Skeptiker Wittenstein:

 

Zitator:

Die  Ergebnisse der Philosophie sind die Entdeckung irgendeines schlichten Unsinns und Beulen, die sich der Verstand bei Anrennen an die Grenze der Sprache geholt hat.

 

Sprecherin:

Wittgenstein selber hat bis zuletzt immer wieder unverdrossen gegen die Grenzen der Sprache angeschrieben. Als er am 29. April 1951 nach einer Krebserkrankung starb, hinterließ er einen Nachlass von über 20.000 Seiten und einen Mythos, der sich um dieses unveröffentlichte Werk ebenso wie um seine Person rankte.

 

Sprecher:

Noch in den siebziger Jahren sprach die Forschung von Wittgenstein 1 und Wittgenstein 2, so als würde es sich bei dem Verfasser des Tractatus und dem der Philosophischen Untersuchungen um zwei verschiedene Philosophen handeln. Inzwischen sind neben den Brüchen auch  die Übergänge und Kontinuitäten seines Denk- und Lebensweges herausgearbeitet worden.

 

Sprecherin:

So hat sich der Mythos langsam aufgeklärt, mit dem zeitlichen Abstand beginnt sich Wittgenstein aber auch in einen Klassiker zu verwandeln. Die Kontexte, in denen er zum Beispiel in Cambridge gelebt und gearbeitet hat, sind schon historisch verblasst und müssen eigens rekonstruiert werden. Wittgensteins Werk, das hauptsächlich als Nachlass existiert, ist jetzt fünfzig Jahre nach seinem Tod endlich in vollem Umfang zugänglich. Joachim Schulte:

 

O-Ton, Joachim Schulte:

Wir verfügen jetzt seit ganz kurzer Zeit über ein Hilfsmittel, seit diese Forschergruppe in Bergen in Norwegen den gesamten Nachlass Wittgensteins auf CDRom gebracht hat, in zwei Transskriptionen, die alle Möglichkeiten des elektronischen Suchens bieten, und den ganzen Nachlass bis auf ganz wenige Ausnahmen aus Copyright-Gründen im Faksimile – also man kann sich immer auch diese Seiten im Original anschauen auf seinem Computerbildschirm. Das ist ein Hilfsmittel, das wirklich nicht nur eine Spielerei sein sollte, sondern auch ein Ansporn für etwas jüngere Kräfte auf dem Gebiet der Philosophie, da den Gedanken nachzuspüren und einerseits die Wandlungsfähigkeit Wittgensteins aufzuzeigen, andrerseits aber auch zu zeigen, wie viel Einheit in diesen vielen Wandlungen festzustellen ist.

 

Sprecher:

Wittgenstein und die Zukunft der Philosophie lautet das Thema des diesjährigen Wittgenstein-Symposions, das vom 12. bis zum 18. August in Kirchberg, Niederösterreich stattfindet. Man möchte der akademischen Philosophie wünschen, dass sie zu jener Frische zurückfindet, die den Klassiker Wittgenstein stets ausgezeichnet hat. Ungeachtet dessen, was er am Vortag geschrieben hat, ließ er sich am nächsten Morgen aufs neue von der Welt angehen und hat die Fragen neu gestellt: darin liegt Zukunft, besonders für die Philosophie.